CD Kritik
Tortuga Bar - Narcotic Junkfood Revolution
Tortuga Bar - Narcotic Junkfood Revolution
Herrje, wie beschreibt man ein Album, dass sich in keinerlei Kategorien einordnen lässt? Dabei ist es doch so einfach, sich für eine Stilrichtung zu entscheiden und innerhalb dieser Schublade zu verweilen. So weiß der Künstler, was er zu tun hat und der Hörer, was er zu erwarten hat. Es reichen dann ein paar Stichworte und schon ist Jeder auf dem gleichen Informationslevel – es könnte so einfach sein...und so langweilig. Ein Vorwurf, den sich Tortuga Bar sicher nicht gefallen lassen müssen, denn mit „Narcotic Junkfood Revolution“ haben sie ein Album abgeliefert, das vielseitiger kaum sein könnte und tatsächlich so etwas wie eine kleine Revolution ist. Kein Titel auf diesem Werk klingt auch nur ansatzweise wie einer der anderen und die Anzahl der verwendeten Musikstile ist so enorm, dass die Bezeichnung Crossover bei weitem nicht das beschreiben kann, was seinen Weg vom Lautsprecher in den Gehörgang findet. Da gibt es Einflüsse von Brit-Pop, Punk, Bluegrass, Elektro, Indie-Rock, Blues und mehr. Schon die Liste der Gastmusiker, die zu diesem ungewöhnlichen Longplayer beitrugen, ist nicht von schlechten Eltern: Evan Dando von den Lemonheads, Virginia Jetzt!, Peter Brugger von den Sportfreunden Stiller und Nagel von Muff Potter sind nur ein Teil des illustren Lineups. Weil ich nicht den Fehler machen möchte, mich bei den einzelnen Titeln in Kategorisierungen zu verlieren und damit auch noch Gefahr zu laufen völlig daneben zu liegen – und diese Gefahr ist angesichts der musikalischen Vielfalt definitiv gegeben – versuche ich es auch gar nicht erst ernsthaft, sondern begnüge mich mit der Beschreibung vereinzelter Tracks und deren besonderen Charakteristika. Auf keinen Fall ist es möglich, sich allein daraus ein Bild des gesamten Albums zu machen, wer das tun möchte, muss die Scheibe schon komplett hören. Mehr als einmal. Der Opener „Likely To Be Dropped“ galoppiert in sehr britischem Gewand daher und erinnert entfernt an Blur. „Storm“ hingegen überrascht als gefühlvolle, akustische Singer/Songwriter-Ballade. „Addicted“ präsentiert sich mit stark verzerrten Gitarren und markantem Rhythmus und erweckt den Eindruck, von einem abstrusen Albtraum inspiriert worden zu sein. Mit „Bika“ liefern die Barkeeper noch einen äußerst interessanten Song, der Beatmusik und Orgelklänge der Doors und Banjo-Sounds von Country-Größen wie Charlie Daniels oder Alabama vermischt – sehr originell und sehr cool. „Feel The Love“ erzeugt dann nochmal intensives Südstaaten-Feeling, bevor die musikalische Reise beendet ist und man mit offenem Mund sitzen bleibt und sich fragt, was man da gerade eben eigentlich erlebt hat. Da hilft nur, nochmal auf 'Play' zu drücken. Ob man „Narcotic Junkfood Revolution“ in die Liste seiner Lieblings-Alben aufnimmt ist natürlich eine Geschmacksfrage. An Kreativität und Originalität mangelt es Mark Kowarsch und Alexandra Gschossmann, den Köpfen hinter Tortuga Bar, jedenfalls nicht.