Angel Haze Portrait

Die altehrwürdige Frankfurter Allgemeine Zeitung fragte, "ist diese Frau nicht unglaublich? So kraftvoll und wütend und trotzdem komplett souverän." Dann folgte eine Lobeshymne der Kulturkritiker auf die Rapperin Angel Haze. Und auch das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" listet die Künstlerin als "on top now" und meint, sie sei überbordend und voller verblüffendem Talent mit Texten, die erschüttern.

Vom Sektenkind zur Rap-Queen
Die 1991 in Michigan, USA, geborene Angel Haze - mit bürgerlichem Namen heißt sie Raykeea Wilson - wuchs in einer sehr strengen, apostolischen Glaubensgemeinschaft auf. Haze selbst bezeichnet sie als Sekte. Ihre Familie verließ diese Kirche, als Angel zehn Jahre alt war. Ihre Mutter war überzeugt, dass die Familie zur Strafe von Gott getötet würde. "Meine Mutter meinte, weltliche Musik würde uns einen Platz in der Hölle garantieren. Aber als ich 16 wurde, ließ sie uns tun, was immer wir wollten." Die Jugendliche stürzte sich in die Welt der Musik und hörte einfach alles: "Mein iPod war der vollste, den es jemals gegeben hat", sagt sie in einem Interview.

Take it or leave it
Die überzeugte New Yorkerin - "Wenn Du in New York lebst, kriegst Du eine Menge Selbstvertrauen!" - hasst Sport, leidet gelegentlich unter Panikattacken und: Sie setzt Maßstäbe in der Geschwindigkeit des Rappens, in der Direktheit ihrer Sprache und ihrem Auftreten als dominierende, weibliche MC. Gegen jedes gewohnte Hip-Hop-Klischee tritt Angel Haze an. Sie will niemandem gefallen oder nach dem Mund reden. Ihr Leitmotto lautet "Take it or leave it!"

Wie hart arbeitest Du?
Und der Erfolg gibt ihr Recht. Nachdem Angel Haze ihr Studium der Neurologie abgebrochen hatte, startete sie als Musikerin durch und nahm erste Videos und EPs auf. Ihr erstes Mixtape war kostenlos downloadbar und wirkte wie eine gigantische Explosion im Hip-Hop: Jeder bekam es mit. Auch die Musikindustrie stand unverzüglich bereit und überhäufte Angel Haze mit Angeboten. Die Künstlerin ist bekannt als harte Verhandlerin. Ähnlich schonungslos ist sie, wenn es um ihre Vergangenheit geht. Sie thematisiert die dunkelsten Seiten der menschlichen Psyche, weil sie als Kind und Jugendliche selbst Opfer wurde. Sie thematisiert aber auch das, was ihr letztlich geholfen hat, ihren Weg zu gehen: persönliche Stärke und der Wille, nie aufzugeben. "Du kannst tun, was immer verdammt noch mal Du willst, und egal, was immer verdammt noch mal Du erleben musstest, es interessiert überhaupt nicht. Wenn Du etwas erreichen willst, kannst Du es am Ende des Tages haben. Es kommt nur darauf an, wie hart Du dafür arbeitest." Angel Haze hat ihre Lektion gelernt. Und die bringt sie jetzt rüber. Nicht mehr und nicht weniger.