Foo Fighters Biographie
Foo Fighters
Von dem Tage an, als sich Anfang der neunziger Jahre ein Tape von Dave Grohl’s Band „Late“ wie ein Australisches Buschfeuer verbreitete und sich aus diesem Projekt 1995 die FOO FIGHTERS entwickelten, bis heute, hat diese Band sehr hart gearbeitet und all die Probleme und Schwierigkeiten, mit denen sie auf ihrem Weg zu kämpfen hatten, haben sie nur stärker gemacht. Schlagzeuger William Goldsmith verließ die Band, nachdem er ein paar wenige klägliche Tracks für das 1997er Album „The Colour & The Shape“ abgeliefert hatte, Gitarrist Pat Smear verkrümelte sich während der Tour zu diesem Album und auch der Wechsel von Capitol zu RCA im Jahr 1999 mit dem Album „There Is Nothing Left To Lose“ hinterließ seine Spuren. Trotzdem: Nach dem Motto ‚Wir haben nichts mehr zu verlieren‘ starteten die FOO FIGHTERS kräftig durch, verwiesen bei den Grammy Awards im Jahr 2000 in der Kategorie „bestes Rock Album“ Creed und Bon Jovi auf die Plätze und überstanden den Beinahe-Ausstieg von Taylor Hawkins im Sommer 2001 mit einem blauen Auge. ‚Was uns nicht umbringt, macht uns nur härter‘, schien die neue Devise zu sein und so gingen Dave Grohl und seine musikalischen Mitstreiter gestärkt und motivierter denn je die Aufnahmen zu „One By One“ an, dem definitiven Meisterwerk ihrer Geschichte.
„One By One“ fasziniert durch eine Stärke, die bislang von keinem ihrer Alben erreicht wurde. Das mag auch an der neuen Besetzung liegen, die mit Chris Shiflett an der Gitarre nun komplett ist – immerhin hat er bereits zwei mal den berüchtigten FOO FIGHTERS Album & Tour Zyklus überstanden und ist immer noch dabei. Oder, wie Taylor Hawkins das Erfolgsrezept aus den Punkt bringt: „Grohl / Mendel / Hawkins / Shiflett – das ist unser definitives Line Up und das bleibt so bestehen, bis die Band sich endgültig auflöst.“
Dass dieses Rezept aufgeht, wie ein guter Hefezopf, beweist das vorliegende Album. Vom bereits erwähnten Opener „All My Life“, über das tighte „Low“, den melodischen Schwüngen von „Have It All“ und „Times Like These“, den fließenden Übergängen zwischen Flüstern und Schreien bei „Disenchanted Lullaby“, der eindringlichen Ballade „Tired“ (randvoll mit wunderschönen, unheilverkündenden Gitarrensounds à la Brian May – eine kleine Homage an Queen) bis zum letzten Track „Come Back“ ist „One By One“ wahrhaft ein Meilenstein: Sowohl, was die Kompositionen an sich angeht, als auch die Art und Weise, wie die vier die Songs in Angriff genommen haben.
„Dieses Album ist anders, als alles, was wir vorher gemacht haben,“ erzählt Grohl. „Aber es trägt trotzdem unsere Handschrift – es ist ein echtes FOO FIGHTERS Original. Auch wenn dieses Album eine Art Aufbruch darstellt, gibt es doch etwas, das es mit den anderen Alben verbindet. Vielleicht ist es unser Gespür für Melodie, unsere Arrangements, oder einfach die Art, wie wir spielen. Ich denke, dass wir uns selbst ständig neuen Herausforderungen stellen, egal, ob die Reise in Richtung Pop geht, oder in Richtung progressivem Rock. Das ist es, was uns Spaß macht – immer in Bewegung bleiben, nie still stehen. Einfach etwas anders machen, als man es bislang gemacht hat.“
„Ich denke auch, dass die Arbeit für uns diesmal anders war,“ fährt er fort. „Wir hatten eine Menge Freiheit, ein Luxus, den nicht jede Band hat. Wenn es mit der Produktion losgeht, sind wir diejenigen, die alle Entscheidungen treffen. Wir nehmen in unserem eigenen Studio auf und veröffentlichen auf unserem eigenen Label. Erst dann geben wir das Produkt aus den Händen und lassen andere ihre Arbeit tun – Vertrieb, Promotion etc..
Für andere Bands ist es sicher schwieriger. Jeder in der Branche hat eine Meinung und jeder will einem reinquatschen – wir wissen, was wir wollen und können es so umsetzen, wie wir es für richtig halten. Wir haben immer das letzte Wort.“
Dank Ihrer Unabhängigkeit entschied die Band „One By One“ in zwei Sessions aufzunehmen. Nach der Hälfte der getanen Arbeit, legte Dave Grohl eine Pause ein und ging mit Queens Of The Stone Age auf Tour (auf ihrem „Songs For The Deaf“- Album spielte er bei fast allen Tracks die Drums ein). Obwohl sich die Bandkollegen etwas Sorgen machten, ob es denn schlau sei, die Aufnahmen zum Album zu unterbrechen, zeigte sich, dass die Entscheidung goldrichtig war. Die kreative Schaffenspause setzte Denkprozesse in Gang, sie gab Zeit und Abstand, um die Songs noch einmal genau zu betrachten.
„Das Lustige an diesem Album ist, dass wir es eigentlich zwei Mal aufgenommen haben“, erinnert sich Hawkins lachend. „Als wir ins Studio zurückkamen, wollten wir eigentlich nur ein paar Ideen verbessern und es endete damit, dass wir zum einen alle Songs neu aufgenommen haben und dass noch neue hinzukamen.“
„Genau dieser Prozess macht das Album so unvergleichlich“, fügt Grohl hinzu. „Wir hatten keine Ahnung, ob es jemals fertig werden würde – bei dieser Art zu arbeiten. Man konnte nicht abschätzen, wann ein Song wirklich fertig war. Er war einfach dann fertig, wenn er sich richtig angefühlt hat. Man arbeitet immer weiter an den Songs und läßt sich in eine Richtung treiben, ohne die leiseste Ahnung zu haben, wohin einen die Reise führen wird. Bei manchen Songs kommt man an – bei anderen wiederum nicht und das sind die, von denen wir uns verabschiedet haben. Die Songs aber, die es auf das Album geschafft haben, sind einfach unglaublich aufregend. Es sind manchmal nur kleine Dinge, die die Spannung ausmachen: Ein Gitarren-Break mitten im Song, zum Beispiel. Eigentlich keine große Sache, bei einem herkömmlichen Arrangement. Aber genau an diesem Punkt des Songs, war es das, was fehlte und was ihn so spannend macht.
„Am Anfang“, erinnert sich Hawkins, „wollten wir alles perfekt machen. Das frißt einen irgendwann auf und man bemüht sich eigentlich mehr um die perfekte Technik, als dass man Spaß hätte. Nate brachte es mal auf den Punkt. Er sagte: „Ihr klingt so furchtbar gehemmt“. Da wußten wir, dass eine Pause für uns alle das Beste ist. Dave machte sich mit Queens auf die Reise und wir anderen beschäftigten uns mit den kleinen Dingen, die man in seinem Leben so tut, wenn man keine Musik macht. Eigentlich war unser Plan, dass wir vielleicht vier oder fünf Stücke neu aufnehmen wollten, wenn wir zurück ins Studio gehen. Als wir dann wieder im Studio in Virginia waren, haben wir innerhalb von zehn Tagen das Schlagzeug, die Rhythmusgitarre, Daves Gitarre und den größten Teil von seinem Gesang aufgenommen. Zurück in Los Angeles haben wir den Bass von Nate und die Gitarre von Chris aufgenommen – das alles in nur drei Wochen.
„Während wir uns beim ersten Studio-Aufenthalt fühlten, wie Wissenschaftler, die in einem Labor herumtüfteln, ging beim zweiten Mal alles ganz einfach und schnell,“ erinnert sich Hawkins. Hinzukommt, dass wir einige großartige neue Songs am Start hatten. „Low“ zum Beispiel ist mein Lieblingssong auf dem Album. Ich danke heute noch Gott dafür, dass wir uns entschlossen haben, eine kleine Pause einzulegen. Danke, lieber Gott, daß Dave mit den Queens auf Tour gehen wollt. Auch wenn wir am Anfang nicht so sehr von der Idee begeistert waren, zeigt es sich doch, dass alles für etwas gut ist. Wenn ich mir jetzt das Album anhöre, bin ich glücklich. Wir hatten sicher sehr mit diesem Album zu kämpfen, aber genau das macht die Energie und die Dichte dieses Album aus.“
Diese Spannung und diese Energie, die in der dreiwöchigen Aufnahmesession entstanden ist, übertrug sich auch auf die Texte. „One By One“ ist seit dem „The Colour & The Shape“ (1997) textlich sicher das brillanteste Album. „Ich hasse es, Texte zu Schreiben“, gibt Grohl zu. „Aber die Texte auf diesem Album liebe ich mehr, als alles andere, was ich jemals geschrieben habe.“
„Manchmal scheinen die Texte direkt aus meinem Kopf auf das Papier zu fliegen und manchmal sitze ich da und überlege, analysiere, überinterpretiere, bis ich gar nicht mehr weiß, was ich eigentlich sagen wollte. Ich habe gar nicht gemerkt, dass es so etwas wie einen roten Faden gibt, der sich durch das komplette Album zieht, bis es fertig war. Auf einmal ergab alles einen Sinn. Es fängt an mit „All My Life“ und endet mit „Come Back“ und in dem ganzen Album geht es eigentlich darum, wie schwer es ist, sich zu verlieben, sich einzulassen und schlußendlich um das wahnsinnig gute Gefühl, wenn man wirklich glücklich verliebt ist. Ich bin so ein unglaublich hoffnungsloser Romantiker – es ist wahr und es ist mir noch nicht mal peinlich!“
„Ich glaube, die düstere, sehnsuchtsvolle Seite von aggressivem Rock ist heutzutage schwer zu transportieren. Aber andererseits kann sich eigentlich jeder in den Texten wiederfinden. Während der Entstehung unseres zweiten Albums hatte ich ziemliche Probleme in meinen Beziehungen und das habe ich in den Texten verarbeitet. Als wir auf Tour waren, kam ein Mann nach der Show auf mich zu und sagte: „Ich danke dir, du hast mir sehr geholfen, meine Scheidung zu überstehen und zu verarbeiten.“ Ich dachte nur ‚wow!‘ Das ist verrückt! Ich war mir noch nicht mal bewußt, dass ich mit meinen Texten eine Art Botschaft aussende. Ich weiß einfach nur, was in meinem Kopf vorgeht und dass es die Musik ergänzt. Es gibt einfach Dinge, die gehören zusammen und bei diesem Album gibt es tatsächlich einen roten Faden, eine Botschaft; auch wenn ich das gar nicht so geplant hatte. Es sollte schließlich kein verdammtes Konzeptalbum werden, kein „White Album“ und kein „Sgt. Pepper“. Naja, aber wer weiß – vielleicht ist es doch auf dem Weg dorthin...“
In der Zwischenzeit reihen sich Tracks, wie „All My Life“, „Have It All“, „Times Like These“, „Low“ und die anderen in die Reihe der großartigen FOO FIGHTERS Hymnen, wie „Learn To Fly“, „Aurora“, „Stacked Actors“, „Everlong“, „Monkey Wrench“, „This Is A Call“ und „I’ll Stick Around“ ein, wenn die Band live spielt, wie zum Beispiel im Sommer 2002 als Headliner beim Reading Festival. Und schon bald geht es weiter mit der Tour in guter alter FOO FIGHTERS Tradition. Mindestens ein Jahr werden sie auf Tour sein, Interviews geben und natürlich spielen, spielen, spielen – wie es sich für eine hart arbeitende und authentische Band gehört.
„Dieses Album ist das Beste, das wir je gemacht haben,“ bekräftigt Grohl. „Es verdient 100%ige Aufmerksamkeit. Wir sind stolz und wir sind glücklich. Ich kann es gar nicht abwarten, mehr Interviews zu geben. Für mich ein komplett neues Gefühl! Ich würde am liebsten den ganzen Tag über dieses Album reden. Früher fand ich Interviews schrecklich. Ich konnte nichts damit anfangen. Ich dachte immer: ‚Hör dir die CD doch verdammt noch mal einfach an und mach dir dein eigenes Bild!‘ Jetzt kann ich es gar nicht abwarten, aller Welt zu erzählen, wie stolz ich auf dieses Album bin!“
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Das fünfte Album der Foo Fighters beginnt mit einer Aussage, mit der sich Dave Grohl ebenso gut an seine Frau, seine Bandkollegen Nate Mendel, Taylor Hawkins und Chris Shiflett oder an jeden einzelnen Fan da draußen richten könnte. Tatsächlich sind sowohl Song als auch das komplette neue Doppelalbum – die eine Hälfte rockt, die andere klingt zurückgenommen und akustisch – an alle oben genannten gleichermaßen adressiert: An Freunde, Familie und Fans, also an alle, die die bereits ein Jahrzehnt andauernde Erfolgsgeschichte der Foo Fighters überhaupt erst möglich gemacht haben.
„Es gibt uns jetzt seit zehn Jahren”, sagt Dave Grohl. „Wir fragten uns also zu Beginn der Sessions zu ‘In Your Honor’: Was ist unser nächster Schritt? Machen wir noch ein Album? Und wenn ja, wie soll es klingen? Ich dachte zuerst daran, ein akustisches Soloalbum zu machen. Ich war schließlich anderthalb Jahre allein auf Tour und habe mir die Seele aus dem Leib gebrüllt. Wir hatten immer schon akustische Songs. Die meisten unserer Rocksongs sind auf der akustischen Gitarre entstanden, zum Beispiel ‚Times Like These’ oder ‚Everlong’. Ich nahm also einige Stücke auf und war sehr zufrieden. Aber ich sagte zu mir: ‘Moment mal, das klingt wie die Foo Fighters. Das klingt wie die Band.’“
„Jeder in der Band hat so viel drauf. Aber wir machen eben schon so lange diese eine Sache. Ich hatte das Gefühl, wir müssen mal ausbrechen und etwas anderes machen. Daher die Idee mit der akustischen Platte. Aber irgendwie hatte ich auch wenig Lust, beim Reading Festival mit dem Cembalo aufzutreten oder so. Diese Band muss einfach rocken. Und dann dachte ich: ‘OK, warum eigentlich kein Doppelalbum?’“
Für „In Your Honor” zerlegten die Band und Produzent Nick Raskulinecz den Foo-Fighters-Sound in seine Bestandteile: Rock’n’Roll auf der einen Seite, sanfte und melodische Hooks auf der anderen. Die Zusammensetzung, die Songs wie „All My Life“, „Everlong“ und „Times Like These“ möglich machte, wurde aufgebrochen und in die beiden wesentlichen, puren, gegensätzlichen Extreme destilliert.
„Wir haben alles was dazwischen war herausgenommen”, erklärt Grohl. „So konnten wir die akustische Platte viel zarter, schöner und atmosphärischer machen und die Rock-Platte brutaler, aggressiver und kraftvoller als alles, was wir je zuvor fabriziert haben. Ich wusste immer dass wir beides können. Aber ich bin überrascht und begeistert, wie gut wir das hinbekommen haben.
Tatsächlich ist es eine Überraschung, dass die Foo Fighters nach zehn Jahren noch existieren und nach wie vor erfolgreich sind. Das 1995 erschienene, mit Platin ausgezeichnete Debüt-Album „Foo Fighters“ hatte Dave Grohl ursprünglich als Demoband aufgenommen - er hatte alle Instrumente selbst gespielt, außer einem einzigen Gitarrentrack, den Afghan Whig/ Twilight-Sänger Greg Dulli beigesteuert hatte. Die grandiose Karriere der Foo Fighters ist, wie es Bassist Nate Mendel formuliert, eigentlich „ein ganz großer Zufall“.
Denn auch 1997, rund um die Aufnahmen und die Veröffentlichung des zweiten Albums “The Colour and the Shape”, stand die Band am Rande der Auflösung. Während der Aufnahmen verließ Schlagzeuger William Goldsmith die Gruppe und wurde durch Taylor Hawkins ersetzt, dann ging Pat Smear - und all das, während sich „The Colour and the Shape“ fantastisch verkaufte und mit „Monkey Wrench“, „Everlong“ und „My Hero, Walking After You“ einen FF-Klassiker nach dem anderen hervorbrachte.
Der verbliebene harte Kern um Grohl, Mendel und Hawkins zog sich anschließend in Grohls damaliges Haus in Alexandria in Virginia zurück, um das Album „There Is Nothing Left To Lose“ aufzunehmen, das 1999 erschien. Angeführt vom grandiosen „Learn To Fly“ war das Album die Antwort der Foo Fighters auf die damalige Dominanz einer Reihe von Rap-Metal-Bands. Honigsüße Downtempo-Nummern („Next Year“, „Aurora“) bestimmten die Platte während die wenigen lauten Stücke („Breakout“, „Stacked Actors“) zu Live-Knüllern wurden. Die Band verpflichtete Gitarrist Chris Shiflett und ging auf Welttournee. Zwei Grammys in den Kategorien „Best Rock Album“ und „Short Form Music Video“ (für „Learn To Fly“) krönten den Erfolg.
„One By One” folgte 2002 und es war wieder eine schwere Geburt. Die bandinternen Schwierigkeiten gipfelten darin, dass Grohl sich eine Auszeit nahm um einige Zeit mit den Queens Of The Stone Age als Schlagzeuger auf Tour zu gehen. Am Ende wurde „One By One“ doch veröffentlicht und bekam großartige Kritiken. Die dazugehörige Welttour war die umfangreichste, die die Gruppe je gemacht hatte, inklusive zwei ausverkauften Abenden in der Wembley Arena in London und einem Auftritt als Headliner beim Reading Festival. 2004 erreichte „One By One“ die Platinmarke und strich zwei weitere Grammys ein: Einen für „Best Hard Rock Performance“ („All My Life“) und den zweiten in Folge für „Best Rock Album“. Außerdem spielten die Foo Fighters bei den Grammy-Awards „Times Like These“ zusammen mit dem legendären Jazz-Pianisten Chick Corea.
Das ständige Auf und Ab – nicht zu vergessen die diversen Nebenprojekte der einzelnen Bandmitglieder (Probot (Grohl), Fire Theft (Mendel), Coattail Riders (Hawkins) und Jackson United (Shiflett)) – schweißte die Foo Fighters nur enger zusammen. „In Your Honor“ soll dieses Zusammengehörigkeitsgefühl besiegeln: Die Zeiten, in denen jede neue Platte von Trennungsgerüchten flankiert wurde, sind vorbei.
„Bei jedem Album, das wir gemacht haben, habe ich gedacht: ‘Das ist jetzt wirklich unser letztes.’“, erinnert sich Grohl.
„Ich denke, das haben wir alle gedacht“, fügt Hawkins hinzu.
Dazu passt „Best Of You”, die erste Single von „In Your Honor”, ein Stück, das die Leidenschaft und Wut einer ganzen Bandkarriere in 4:16 Minuten packt. „I swear I’ll never give in/ I refuse”, singt Grohl und es taucht die wegweisende Zeile auf “I’m getting tired of starting again/ Somewhere new”.
Und auf diese Art geht es weiter auf der rockigen ersten Scheibe von „In Your Honor.” Ungezügelte Wut und brillante Melodien vermischen sich in Stücken wie „No Way Back“, „DOA“ und „The Last Song.“ Mit jedem weiteren Stück wird klar, warum Hawkins Disc eins „die beste Rock-Platte, die wir je gemacht haben“ nennt. Shiflett kann es nach eigenem Bekunden kaum erwarten dem Studio den Rücken zu kehren und die Stücke live zu spielen. „Resolve”, „The Deepest Blues Are Black” und das abschließende „End Over End” runden den fantastischen ersten Teil ab.
Aber Hawkins betont auch, dass Disc eins und Disc zwei völlig unterschiedliche, eigenständige Platten sind. Grohl erinnert sich: „Wir haben zwei Monate lang die Songs für die Rock-Platte aufgenommen, dann habe ich gesagt: ‘Okay, wir müssen uns jetzt an den akustischen Teil machen, sonst wird das nichts mehr’. Ich habe alle einbestellt und festgelegt, dass wir ab jetzt alle zur gleichen Zeit da sein müssen um alle Instrumente zusammen einzuspielen.“ „Jeden Tag ein Song“, fügt Shiflett hinzu.
„Wir hatten alle ganz schön Respekt, weil wir das so noch nie gemacht haben”, sagt Grohl. Aber die Band passte sich an und man bevorzugte schnell die neue Zügigkeit. „Eigentlich ist das die natürliche Art, Musik zu machen“, sagt Shiflett und Mendel fügt hinzu: „Es macht Spaß und ist viel spontaner und unmittelbarer. Man hat definitiv mehr voneinander.“
Begeistert waren die Bandmitglieder, als ihre Wunschkandidaten für Gastauftritte nach und nach tatsächlich zusagten: Norah Jones singt und spielt Piano auf „Virginia Moon“, Ausnahme-Fotograf und Allround-Talent Danny Clinch spielt Harmonica auf „Another Round“, Produzent Nick Raskulinecz spielt Bass auf „On The Mend“, Petra Haden spielt Geige auf „Miracle“ und Josh Homme von Queens Of The Stone Age liefert sich auf „Razor“ ein Duell mit akustischen Gitarren mit Grohl. „Cold Day In The Sun“ zeigt eine verkehrte Welt, in der Hawkins singt, Grohl Schlagzeug spielt und Raskulinecz Bass.
Und dann machte auch noch John Paul Jones mit. Der legendäre Led-Zeppelin-Bassist war in der Stadt, um seinen „Lifetime Achievement Grammy“ in Empfang zu nehmen und spielte am Ende Piano auf „Miracle“ und Mandoline auf „Another Round.“ Dave Grohl, selbst begeisterter Fan, konnte es kaum glauben: „Das war das musikalische Highlight meines Lebens. Ich bin seit meiner Kindheit echt besessen von Led Zeppelin. Ich dachte die ganze Zeit: ‘Kann mich mal bitte jemand kneifen? Das kann doch verdammt noch mal nicht wahr sein. ‘“
„Und dann hat sich seltsamerweise die besondere Energie der akustischen Platte auf das Rockalbum übertragen”, erinnert sich Shiflett. „Ja, wir haben anschließend einiges überdacht und neu arrangiert”, stimmt Hawkins zu.
Oder wie es Grohl direkter formuliert: „Wir konnten unmöglich zulassen, dass das akustische Zeug mehr abgeht als der Rock-Teil. Also sind wir wieder zurückgegangen und haben drei Wochen an den Rocksongs gearbeitet. Von Mittag bis in den frühen Morgen des nächsten Tages. Diese Rock-Sache sollte einfach alle wegblasen.“ Im Verlauf dieser abschließenden Marathon-Session war die Band dankbar wie selten zuvor für ihr eigenes Studio 606, in dem sie konzentriert schreiben und aufnehmen konnten, ohne gestört oder abgelenkt zu werden. Und das Ergebnis? Grohl betrachtet „In Your Honor“ als das krönende Meisterwerk seiner Band.
„In zwanzig Jahren, wenn so ein Kid seinen Dad fragt: ‘Hast du schon mal von den Foo Fighters gehört? Welche Platte von denen sollte man denn haben?’ Dann sollte der antworten: ‘In Your Honor.’ So wie man sich „Physical Graffiti“ holen sollte, wenn man Led Zeppelin hören will. So soll es der Platte ergehen. Das Album, wegen dem man sich an uns erinnert.“
„One By One“ fasziniert durch eine Stärke, die bislang von keinem ihrer Alben erreicht wurde. Das mag auch an der neuen Besetzung liegen, die mit Chris Shiflett an der Gitarre nun komplett ist – immerhin hat er bereits zwei mal den berüchtigten FOO FIGHTERS Album & Tour Zyklus überstanden und ist immer noch dabei. Oder, wie Taylor Hawkins das Erfolgsrezept aus den Punkt bringt: „Grohl / Mendel / Hawkins / Shiflett – das ist unser definitives Line Up und das bleibt so bestehen, bis die Band sich endgültig auflöst.“
Dass dieses Rezept aufgeht, wie ein guter Hefezopf, beweist das vorliegende Album. Vom bereits erwähnten Opener „All My Life“, über das tighte „Low“, den melodischen Schwüngen von „Have It All“ und „Times Like These“, den fließenden Übergängen zwischen Flüstern und Schreien bei „Disenchanted Lullaby“, der eindringlichen Ballade „Tired“ (randvoll mit wunderschönen, unheilverkündenden Gitarrensounds à la Brian May – eine kleine Homage an Queen) bis zum letzten Track „Come Back“ ist „One By One“ wahrhaft ein Meilenstein: Sowohl, was die Kompositionen an sich angeht, als auch die Art und Weise, wie die vier die Songs in Angriff genommen haben.
„Dieses Album ist anders, als alles, was wir vorher gemacht haben,“ erzählt Grohl. „Aber es trägt trotzdem unsere Handschrift – es ist ein echtes FOO FIGHTERS Original. Auch wenn dieses Album eine Art Aufbruch darstellt, gibt es doch etwas, das es mit den anderen Alben verbindet. Vielleicht ist es unser Gespür für Melodie, unsere Arrangements, oder einfach die Art, wie wir spielen. Ich denke, dass wir uns selbst ständig neuen Herausforderungen stellen, egal, ob die Reise in Richtung Pop geht, oder in Richtung progressivem Rock. Das ist es, was uns Spaß macht – immer in Bewegung bleiben, nie still stehen. Einfach etwas anders machen, als man es bislang gemacht hat.“
„Ich denke auch, dass die Arbeit für uns diesmal anders war,“ fährt er fort. „Wir hatten eine Menge Freiheit, ein Luxus, den nicht jede Band hat. Wenn es mit der Produktion losgeht, sind wir diejenigen, die alle Entscheidungen treffen. Wir nehmen in unserem eigenen Studio auf und veröffentlichen auf unserem eigenen Label. Erst dann geben wir das Produkt aus den Händen und lassen andere ihre Arbeit tun – Vertrieb, Promotion etc..
Für andere Bands ist es sicher schwieriger. Jeder in der Branche hat eine Meinung und jeder will einem reinquatschen – wir wissen, was wir wollen und können es so umsetzen, wie wir es für richtig halten. Wir haben immer das letzte Wort.“
Dank Ihrer Unabhängigkeit entschied die Band „One By One“ in zwei Sessions aufzunehmen. Nach der Hälfte der getanen Arbeit, legte Dave Grohl eine Pause ein und ging mit Queens Of The Stone Age auf Tour (auf ihrem „Songs For The Deaf“- Album spielte er bei fast allen Tracks die Drums ein). Obwohl sich die Bandkollegen etwas Sorgen machten, ob es denn schlau sei, die Aufnahmen zum Album zu unterbrechen, zeigte sich, dass die Entscheidung goldrichtig war. Die kreative Schaffenspause setzte Denkprozesse in Gang, sie gab Zeit und Abstand, um die Songs noch einmal genau zu betrachten.
„Das Lustige an diesem Album ist, dass wir es eigentlich zwei Mal aufgenommen haben“, erinnert sich Hawkins lachend. „Als wir ins Studio zurückkamen, wollten wir eigentlich nur ein paar Ideen verbessern und es endete damit, dass wir zum einen alle Songs neu aufgenommen haben und dass noch neue hinzukamen.“
„Genau dieser Prozess macht das Album so unvergleichlich“, fügt Grohl hinzu. „Wir hatten keine Ahnung, ob es jemals fertig werden würde – bei dieser Art zu arbeiten. Man konnte nicht abschätzen, wann ein Song wirklich fertig war. Er war einfach dann fertig, wenn er sich richtig angefühlt hat. Man arbeitet immer weiter an den Songs und läßt sich in eine Richtung treiben, ohne die leiseste Ahnung zu haben, wohin einen die Reise führen wird. Bei manchen Songs kommt man an – bei anderen wiederum nicht und das sind die, von denen wir uns verabschiedet haben. Die Songs aber, die es auf das Album geschafft haben, sind einfach unglaublich aufregend. Es sind manchmal nur kleine Dinge, die die Spannung ausmachen: Ein Gitarren-Break mitten im Song, zum Beispiel. Eigentlich keine große Sache, bei einem herkömmlichen Arrangement. Aber genau an diesem Punkt des Songs, war es das, was fehlte und was ihn so spannend macht.
„Am Anfang“, erinnert sich Hawkins, „wollten wir alles perfekt machen. Das frißt einen irgendwann auf und man bemüht sich eigentlich mehr um die perfekte Technik, als dass man Spaß hätte. Nate brachte es mal auf den Punkt. Er sagte: „Ihr klingt so furchtbar gehemmt“. Da wußten wir, dass eine Pause für uns alle das Beste ist. Dave machte sich mit Queens auf die Reise und wir anderen beschäftigten uns mit den kleinen Dingen, die man in seinem Leben so tut, wenn man keine Musik macht. Eigentlich war unser Plan, dass wir vielleicht vier oder fünf Stücke neu aufnehmen wollten, wenn wir zurück ins Studio gehen. Als wir dann wieder im Studio in Virginia waren, haben wir innerhalb von zehn Tagen das Schlagzeug, die Rhythmusgitarre, Daves Gitarre und den größten Teil von seinem Gesang aufgenommen. Zurück in Los Angeles haben wir den Bass von Nate und die Gitarre von Chris aufgenommen – das alles in nur drei Wochen.
„Während wir uns beim ersten Studio-Aufenthalt fühlten, wie Wissenschaftler, die in einem Labor herumtüfteln, ging beim zweiten Mal alles ganz einfach und schnell,“ erinnert sich Hawkins. Hinzukommt, dass wir einige großartige neue Songs am Start hatten. „Low“ zum Beispiel ist mein Lieblingssong auf dem Album. Ich danke heute noch Gott dafür, dass wir uns entschlossen haben, eine kleine Pause einzulegen. Danke, lieber Gott, daß Dave mit den Queens auf Tour gehen wollt. Auch wenn wir am Anfang nicht so sehr von der Idee begeistert waren, zeigt es sich doch, dass alles für etwas gut ist. Wenn ich mir jetzt das Album anhöre, bin ich glücklich. Wir hatten sicher sehr mit diesem Album zu kämpfen, aber genau das macht die Energie und die Dichte dieses Album aus.“
Diese Spannung und diese Energie, die in der dreiwöchigen Aufnahmesession entstanden ist, übertrug sich auch auf die Texte. „One By One“ ist seit dem „The Colour & The Shape“ (1997) textlich sicher das brillanteste Album. „Ich hasse es, Texte zu Schreiben“, gibt Grohl zu. „Aber die Texte auf diesem Album liebe ich mehr, als alles andere, was ich jemals geschrieben habe.“
„Manchmal scheinen die Texte direkt aus meinem Kopf auf das Papier zu fliegen und manchmal sitze ich da und überlege, analysiere, überinterpretiere, bis ich gar nicht mehr weiß, was ich eigentlich sagen wollte. Ich habe gar nicht gemerkt, dass es so etwas wie einen roten Faden gibt, der sich durch das komplette Album zieht, bis es fertig war. Auf einmal ergab alles einen Sinn. Es fängt an mit „All My Life“ und endet mit „Come Back“ und in dem ganzen Album geht es eigentlich darum, wie schwer es ist, sich zu verlieben, sich einzulassen und schlußendlich um das wahnsinnig gute Gefühl, wenn man wirklich glücklich verliebt ist. Ich bin so ein unglaublich hoffnungsloser Romantiker – es ist wahr und es ist mir noch nicht mal peinlich!“
„Ich glaube, die düstere, sehnsuchtsvolle Seite von aggressivem Rock ist heutzutage schwer zu transportieren. Aber andererseits kann sich eigentlich jeder in den Texten wiederfinden. Während der Entstehung unseres zweiten Albums hatte ich ziemliche Probleme in meinen Beziehungen und das habe ich in den Texten verarbeitet. Als wir auf Tour waren, kam ein Mann nach der Show auf mich zu und sagte: „Ich danke dir, du hast mir sehr geholfen, meine Scheidung zu überstehen und zu verarbeiten.“ Ich dachte nur ‚wow!‘ Das ist verrückt! Ich war mir noch nicht mal bewußt, dass ich mit meinen Texten eine Art Botschaft aussende. Ich weiß einfach nur, was in meinem Kopf vorgeht und dass es die Musik ergänzt. Es gibt einfach Dinge, die gehören zusammen und bei diesem Album gibt es tatsächlich einen roten Faden, eine Botschaft; auch wenn ich das gar nicht so geplant hatte. Es sollte schließlich kein verdammtes Konzeptalbum werden, kein „White Album“ und kein „Sgt. Pepper“. Naja, aber wer weiß – vielleicht ist es doch auf dem Weg dorthin...“
In der Zwischenzeit reihen sich Tracks, wie „All My Life“, „Have It All“, „Times Like These“, „Low“ und die anderen in die Reihe der großartigen FOO FIGHTERS Hymnen, wie „Learn To Fly“, „Aurora“, „Stacked Actors“, „Everlong“, „Monkey Wrench“, „This Is A Call“ und „I’ll Stick Around“ ein, wenn die Band live spielt, wie zum Beispiel im Sommer 2002 als Headliner beim Reading Festival. Und schon bald geht es weiter mit der Tour in guter alter FOO FIGHTERS Tradition. Mindestens ein Jahr werden sie auf Tour sein, Interviews geben und natürlich spielen, spielen, spielen – wie es sich für eine hart arbeitende und authentische Band gehört.
„Dieses Album ist das Beste, das wir je gemacht haben,“ bekräftigt Grohl. „Es verdient 100%ige Aufmerksamkeit. Wir sind stolz und wir sind glücklich. Ich kann es gar nicht abwarten, mehr Interviews zu geben. Für mich ein komplett neues Gefühl! Ich würde am liebsten den ganzen Tag über dieses Album reden. Früher fand ich Interviews schrecklich. Ich konnte nichts damit anfangen. Ich dachte immer: ‚Hör dir die CD doch verdammt noch mal einfach an und mach dir dein eigenes Bild!‘ Jetzt kann ich es gar nicht abwarten, aller Welt zu erzählen, wie stolz ich auf dieses Album bin!“
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Das fünfte Album der Foo Fighters beginnt mit einer Aussage, mit der sich Dave Grohl ebenso gut an seine Frau, seine Bandkollegen Nate Mendel, Taylor Hawkins und Chris Shiflett oder an jeden einzelnen Fan da draußen richten könnte. Tatsächlich sind sowohl Song als auch das komplette neue Doppelalbum – die eine Hälfte rockt, die andere klingt zurückgenommen und akustisch – an alle oben genannten gleichermaßen adressiert: An Freunde, Familie und Fans, also an alle, die die bereits ein Jahrzehnt andauernde Erfolgsgeschichte der Foo Fighters überhaupt erst möglich gemacht haben.
„Es gibt uns jetzt seit zehn Jahren”, sagt Dave Grohl. „Wir fragten uns also zu Beginn der Sessions zu ‘In Your Honor’: Was ist unser nächster Schritt? Machen wir noch ein Album? Und wenn ja, wie soll es klingen? Ich dachte zuerst daran, ein akustisches Soloalbum zu machen. Ich war schließlich anderthalb Jahre allein auf Tour und habe mir die Seele aus dem Leib gebrüllt. Wir hatten immer schon akustische Songs. Die meisten unserer Rocksongs sind auf der akustischen Gitarre entstanden, zum Beispiel ‚Times Like These’ oder ‚Everlong’. Ich nahm also einige Stücke auf und war sehr zufrieden. Aber ich sagte zu mir: ‘Moment mal, das klingt wie die Foo Fighters. Das klingt wie die Band.’“
„Jeder in der Band hat so viel drauf. Aber wir machen eben schon so lange diese eine Sache. Ich hatte das Gefühl, wir müssen mal ausbrechen und etwas anderes machen. Daher die Idee mit der akustischen Platte. Aber irgendwie hatte ich auch wenig Lust, beim Reading Festival mit dem Cembalo aufzutreten oder so. Diese Band muss einfach rocken. Und dann dachte ich: ‘OK, warum eigentlich kein Doppelalbum?’“
Für „In Your Honor” zerlegten die Band und Produzent Nick Raskulinecz den Foo-Fighters-Sound in seine Bestandteile: Rock’n’Roll auf der einen Seite, sanfte und melodische Hooks auf der anderen. Die Zusammensetzung, die Songs wie „All My Life“, „Everlong“ und „Times Like These“ möglich machte, wurde aufgebrochen und in die beiden wesentlichen, puren, gegensätzlichen Extreme destilliert.
„Wir haben alles was dazwischen war herausgenommen”, erklärt Grohl. „So konnten wir die akustische Platte viel zarter, schöner und atmosphärischer machen und die Rock-Platte brutaler, aggressiver und kraftvoller als alles, was wir je zuvor fabriziert haben. Ich wusste immer dass wir beides können. Aber ich bin überrascht und begeistert, wie gut wir das hinbekommen haben.
Tatsächlich ist es eine Überraschung, dass die Foo Fighters nach zehn Jahren noch existieren und nach wie vor erfolgreich sind. Das 1995 erschienene, mit Platin ausgezeichnete Debüt-Album „Foo Fighters“ hatte Dave Grohl ursprünglich als Demoband aufgenommen - er hatte alle Instrumente selbst gespielt, außer einem einzigen Gitarrentrack, den Afghan Whig/ Twilight-Sänger Greg Dulli beigesteuert hatte. Die grandiose Karriere der Foo Fighters ist, wie es Bassist Nate Mendel formuliert, eigentlich „ein ganz großer Zufall“.
Denn auch 1997, rund um die Aufnahmen und die Veröffentlichung des zweiten Albums “The Colour and the Shape”, stand die Band am Rande der Auflösung. Während der Aufnahmen verließ Schlagzeuger William Goldsmith die Gruppe und wurde durch Taylor Hawkins ersetzt, dann ging Pat Smear - und all das, während sich „The Colour and the Shape“ fantastisch verkaufte und mit „Monkey Wrench“, „Everlong“ und „My Hero, Walking After You“ einen FF-Klassiker nach dem anderen hervorbrachte.
Der verbliebene harte Kern um Grohl, Mendel und Hawkins zog sich anschließend in Grohls damaliges Haus in Alexandria in Virginia zurück, um das Album „There Is Nothing Left To Lose“ aufzunehmen, das 1999 erschien. Angeführt vom grandiosen „Learn To Fly“ war das Album die Antwort der Foo Fighters auf die damalige Dominanz einer Reihe von Rap-Metal-Bands. Honigsüße Downtempo-Nummern („Next Year“, „Aurora“) bestimmten die Platte während die wenigen lauten Stücke („Breakout“, „Stacked Actors“) zu Live-Knüllern wurden. Die Band verpflichtete Gitarrist Chris Shiflett und ging auf Welttournee. Zwei Grammys in den Kategorien „Best Rock Album“ und „Short Form Music Video“ (für „Learn To Fly“) krönten den Erfolg.
„One By One” folgte 2002 und es war wieder eine schwere Geburt. Die bandinternen Schwierigkeiten gipfelten darin, dass Grohl sich eine Auszeit nahm um einige Zeit mit den Queens Of The Stone Age als Schlagzeuger auf Tour zu gehen. Am Ende wurde „One By One“ doch veröffentlicht und bekam großartige Kritiken. Die dazugehörige Welttour war die umfangreichste, die die Gruppe je gemacht hatte, inklusive zwei ausverkauften Abenden in der Wembley Arena in London und einem Auftritt als Headliner beim Reading Festival. 2004 erreichte „One By One“ die Platinmarke und strich zwei weitere Grammys ein: Einen für „Best Hard Rock Performance“ („All My Life“) und den zweiten in Folge für „Best Rock Album“. Außerdem spielten die Foo Fighters bei den Grammy-Awards „Times Like These“ zusammen mit dem legendären Jazz-Pianisten Chick Corea.
Das ständige Auf und Ab – nicht zu vergessen die diversen Nebenprojekte der einzelnen Bandmitglieder (Probot (Grohl), Fire Theft (Mendel), Coattail Riders (Hawkins) und Jackson United (Shiflett)) – schweißte die Foo Fighters nur enger zusammen. „In Your Honor“ soll dieses Zusammengehörigkeitsgefühl besiegeln: Die Zeiten, in denen jede neue Platte von Trennungsgerüchten flankiert wurde, sind vorbei.
„Bei jedem Album, das wir gemacht haben, habe ich gedacht: ‘Das ist jetzt wirklich unser letztes.’“, erinnert sich Grohl.
„Ich denke, das haben wir alle gedacht“, fügt Hawkins hinzu.
Dazu passt „Best Of You”, die erste Single von „In Your Honor”, ein Stück, das die Leidenschaft und Wut einer ganzen Bandkarriere in 4:16 Minuten packt. „I swear I’ll never give in/ I refuse”, singt Grohl und es taucht die wegweisende Zeile auf “I’m getting tired of starting again/ Somewhere new”.
Und auf diese Art geht es weiter auf der rockigen ersten Scheibe von „In Your Honor.” Ungezügelte Wut und brillante Melodien vermischen sich in Stücken wie „No Way Back“, „DOA“ und „The Last Song.“ Mit jedem weiteren Stück wird klar, warum Hawkins Disc eins „die beste Rock-Platte, die wir je gemacht haben“ nennt. Shiflett kann es nach eigenem Bekunden kaum erwarten dem Studio den Rücken zu kehren und die Stücke live zu spielen. „Resolve”, „The Deepest Blues Are Black” und das abschließende „End Over End” runden den fantastischen ersten Teil ab.
Aber Hawkins betont auch, dass Disc eins und Disc zwei völlig unterschiedliche, eigenständige Platten sind. Grohl erinnert sich: „Wir haben zwei Monate lang die Songs für die Rock-Platte aufgenommen, dann habe ich gesagt: ‘Okay, wir müssen uns jetzt an den akustischen Teil machen, sonst wird das nichts mehr’. Ich habe alle einbestellt und festgelegt, dass wir ab jetzt alle zur gleichen Zeit da sein müssen um alle Instrumente zusammen einzuspielen.“ „Jeden Tag ein Song“, fügt Shiflett hinzu.
„Wir hatten alle ganz schön Respekt, weil wir das so noch nie gemacht haben”, sagt Grohl. Aber die Band passte sich an und man bevorzugte schnell die neue Zügigkeit. „Eigentlich ist das die natürliche Art, Musik zu machen“, sagt Shiflett und Mendel fügt hinzu: „Es macht Spaß und ist viel spontaner und unmittelbarer. Man hat definitiv mehr voneinander.“
Begeistert waren die Bandmitglieder, als ihre Wunschkandidaten für Gastauftritte nach und nach tatsächlich zusagten: Norah Jones singt und spielt Piano auf „Virginia Moon“, Ausnahme-Fotograf und Allround-Talent Danny Clinch spielt Harmonica auf „Another Round“, Produzent Nick Raskulinecz spielt Bass auf „On The Mend“, Petra Haden spielt Geige auf „Miracle“ und Josh Homme von Queens Of The Stone Age liefert sich auf „Razor“ ein Duell mit akustischen Gitarren mit Grohl. „Cold Day In The Sun“ zeigt eine verkehrte Welt, in der Hawkins singt, Grohl Schlagzeug spielt und Raskulinecz Bass.
Und dann machte auch noch John Paul Jones mit. Der legendäre Led-Zeppelin-Bassist war in der Stadt, um seinen „Lifetime Achievement Grammy“ in Empfang zu nehmen und spielte am Ende Piano auf „Miracle“ und Mandoline auf „Another Round.“ Dave Grohl, selbst begeisterter Fan, konnte es kaum glauben: „Das war das musikalische Highlight meines Lebens. Ich bin seit meiner Kindheit echt besessen von Led Zeppelin. Ich dachte die ganze Zeit: ‘Kann mich mal bitte jemand kneifen? Das kann doch verdammt noch mal nicht wahr sein. ‘“
„Und dann hat sich seltsamerweise die besondere Energie der akustischen Platte auf das Rockalbum übertragen”, erinnert sich Shiflett. „Ja, wir haben anschließend einiges überdacht und neu arrangiert”, stimmt Hawkins zu.
Oder wie es Grohl direkter formuliert: „Wir konnten unmöglich zulassen, dass das akustische Zeug mehr abgeht als der Rock-Teil. Also sind wir wieder zurückgegangen und haben drei Wochen an den Rocksongs gearbeitet. Von Mittag bis in den frühen Morgen des nächsten Tages. Diese Rock-Sache sollte einfach alle wegblasen.“ Im Verlauf dieser abschließenden Marathon-Session war die Band dankbar wie selten zuvor für ihr eigenes Studio 606, in dem sie konzentriert schreiben und aufnehmen konnten, ohne gestört oder abgelenkt zu werden. Und das Ergebnis? Grohl betrachtet „In Your Honor“ als das krönende Meisterwerk seiner Band.
„In zwanzig Jahren, wenn so ein Kid seinen Dad fragt: ‘Hast du schon mal von den Foo Fighters gehört? Welche Platte von denen sollte man denn haben?’ Dann sollte der antworten: ‘In Your Honor.’ So wie man sich „Physical Graffiti“ holen sollte, wenn man Led Zeppelin hören will. So soll es der Platte ergehen. Das Album, wegen dem man sich an uns erinnert.“
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