Wahrscheinlich haben noch viele der heute über 20-jährigen, die sich in ihrer Jugend der MTV-Generation dazugehörig fühlten, das Bild eines Mannes mit Mütze und Vollbart im Kopf, der mit Kollegen in seinem Musikvideo hoch oben auf einem Stahlgerüst sitzt. Jovanotti heißt dieser Mann, der uns zeigte, dass Italien musikalisch noch mehr als Gianna Nannini und Eros Ramazotti zu bieten hat. „Ein neuer Rapper“ werden viele 1994 bei seinem Song „Serenata Rap“ gedacht haben, aber abgesehen davon, dass einer mal nicht auf Deutsch oder Englisch rappte, hatte er auch weder etwas mit dem üblichen Gangsta-Gehabe noch mit dem „Blödel-Rap“ gemein. Das zeigte uns der gebürtige Römer spätestens 1995 mit seiner zweiten Single „L'ombelico del mondo“, die klar macht, dass Rap nur eine Facette des Musikers ist. Jovanotti kommt 1966 als Lorenzo Cherubini zur Welt und entdeckt schon früh seine Liebe zur Musik. Anfangs beschäftigt er sich als DJ nur mit den Songs anderer Künstler, Ende der 80er stellt er sich dann aber selbst ans Mikrofon und präsentiert sein Debütalbum mit dem bescheiden klingenden Titel „Jovanotti For President“. Auf diesem und dem Nachfolger „La Mia Moto“ gibt es wirklich nur den ‚Rapper‘ Jovanotti. Der vielseitige ‚Künstler‘ und ‚Musiker‘ Jovanotti beginnt er jetzt, sich musikalisch komplett auszuleben. „Giovanni Jovanotti“ aus dem Jahr 1990 zeigt diese neue Vielfältigkeit des Italieners, großen Erfolg hat er damit aber trotzdem nicht. Also holt er auf dem wiederum nur ein Jahr später erscheinenden Album „Una Tribu che Balla“ die Rap-Musik zumindest in Teilen wieder zurück, präsentiert sie aber in einem reiferen Sound. Diese sehr abwechslungsreiche Zusammenstellung findet sich auch auf dem 92er-Album „Lorenzo 1992“ wieder, das Fans und Kritiker gleichermaßen aufhorchen lässt. Spätestens mit „Lorenzo 1994“ und seinem größten Hit „Serenata Rap“ gilt Jovanotti nicht nur in seinem Heimatland, sondern auch weit über die Grenzen hinaus als Star. Selbst in Südamerika ist sein Name jetzt kein unbekannter mehr. Durchschaubar ist er aber trotzdem nicht. Schon auf der nächsten Platte „Lorenzo 1997 – L’Albero“, die er teilweise mit südafrikanischen Künstlern aufnimmt, lernt man mit der auf einmal etwas minimalistischeren Musik wieder eine neue Seite von Jovanotti kennen. Einfallsreich zeigt sich der Italiener auch bei seinen Konzerten der „Capo Horn Tour“ 1999: Jedes seiner Lieder wurde je nach Stimmung des Songs mit den unterschiedlichsten Düften „verfeinert“. Neben seiner scheinbar unerschöpflichen musikalischen Experimentierfreudigkeit tobt sich Jovanotti auch in anderen Kunstrichtungen aus: Er schreibt Bücher mit Kurzgeschichten und Anekdoten, malt Bilder und inszeniert Theater-Stücke. Von der Musik kommt er aber trotzdem nicht weg und geht 2008 mit seinem neusten Werk auf „Safari“. Und wir wissen ja, wie vielfältig und unberechenbar es da zugehen kann.